Mit dem Kauf der Blogger-Plattform Tumblr (Kaufpreis um 1,1 Milliarden Dollar) will Yahoo junges Publikum anziehen, denn das findet sich auf Tumblr. Die User schrien freilich auf, fürchteten sofort Zensur (Tumblr ist in erotischer bis pornografischer Hinsicht sehr freizügig) und wechselten kurz nach der Meldung über den bevorstehenden Kauf auf andere Blogs – schon in der Woche nach den ersten offiziellen Verlautbarungen – am 25. Mai 2013 – meldete beispielsweise WordPress eine fünfstellige Zahl von Bloggern, die von Tumblr hinübergewechselt waren.
Der Kauf von Tumblr ist abgeschlossen
In der Woche zwischen dem 20. bis 25. Mai 2013 überschlugen sich die Medienberichte, bis es feststand: Yahoo hat Tumblr gekauft. Der CFO von Yahoo hatte den Deal ausdrücklich vorangetrieben, um mehr junge Nutzer anzusprechen. Diese finden sich auf Tumblr, das Durchschnittsalter liegt um die von Yahoo gewünschten 18 bis 24 Jahre. Der Internetriese, einst selbst ein junger Hipster, will mit dem Tumblr-Kauf „wieder cool werden“, wie US-Medien die Yahoo-Chefetage zitierten. Bei jungen Leuten hat die in die Jahre gekommene einstige Suchmaschine – heute ein Gemischtwarenladen mit unterschiedlichsten Geschäftsmodellen – keine sonderlich guten Karten, doch auf Tumblr finden sich immerhin mehr als 100 Millionen Blogs.
David Karp hatte den Dienst bewusst so aufgesetzt, dass Nutzer ihre Blogs so einfach wie möglich aufsetzen und dann mit anderen teilen oder von anderen Inhalte übernehmen können. Viele der Blogs setzen auf die Medien, die bei der jungen Zielgruppe populär sind, also Videos und Bilder. Es ist schon clever, sich so ein hippes Unternehmen unter den Nagel zu reissen, denn der frühere Internet-Star Yahoo kämpft seit über einem Jahrzehnt recht erfolglos mit der übermächtigen Google-Konkurrenz, die einfach nicht zu schlagen ist. Ein Youngster wie Tumblr bringt also frisches Blut mit, wobei den Bloggern um David Karp versprochen wurde, dass sich „nichts ändern“ werde, weder das Team (aktuell 178 Tumblr-Mitarbeiter) noch der Fahrplan noch die Mission, wie David Karp etwas euphemistisch verkündete.
Die User befürchten etwas ganz anderes: nämlich dass ihre geliebte Plattform „familienfreundlicher“ und damit werbetauglicher werden solle. Zwar könnten dafür Yahoo’s Such-Infrastruktur, die Expertise und die Personalisierungstechnologie übernommen werden, im Gegenzug verspricht sich der Internet-Riese eine Traffic-Steigerung um 20 Prozent, eine Steigerung bei den Usern gar um 50 Prozent. Doch junge Medien wie die Tumblr-Plattform leben gerade von ihrem subversiven Touch, den es zu erhalten gilt. Jede Verwässerung könnte das Geschäftsmodell zerstören.
Kritik von Finanzexperten
Eine ganz andere Befürchtung kommt aus der Finanzszene. Hier werden Stimmen laut, die 1,1 Milliarden Dollar für Tumblr einfach für viel zu viel Geld halten. Der Umsatz, der Yahoo zufliessen werde, rechtfertige so einen Preis keinesfalls, meinen Wallstreet-Experten. Tatsächlich fragen sich Fachleute, was wohl im Kopf von Yahoo-Chefin Marissa Mayer vorging, die selbst erst 38 Jahre alt ist. Die Managerin versuchte in einem Reuters-Interview, die Kritiker zu besänftigen. Ihr Unternehmen habe nicht immer ein glückliches Händchen bei Zukäufen bewiesen, so Mayer, man habe sich aber geändert und den Tumblr-Kauf sehr gut kalkuliert. Zudem solle die Plattform so unabhängig wie möglich bleiben. Die User von Tumblr fürchten eine Altersbeschränkung, Mayer wimmelt ab. So weit sei es längst nicht, zudem würden Änderungen, wenn sie denn kämen, eher die Werbekunden betreffen und ohnehin erst in der zweiten Jahreshälfte 2013 greifen. Die kreative Freiheit von Mikrobloggern solle keinesfalls eingeschränkt werden, damit würde sich der Yahoo-Konzern schliesslich der inhaltlichen Bereicherung durch Tumblr berauben.
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